Diesmal hat ein defektes Aktivlautsprecherpaar zu mir gefunden, das aus der professionellen Ecke der Schallerzeugungsgeräte stammt. Auch diese Geräte haben gelegentlich Probleme, oder fallen aus. Recherchiert man ein wenig in den Foren im Internet, so sind die KH-120 Boxen sehr robust und langlebig. Die einzigen Probleme, über die ich gelesen habe, sind Ausfälle des Netzteils. Gelegentlich gibt es auch Meldungen über ein deutliches Rauschen bis Pfeifen auch wenn kein Signal angelegt ist.
Genau dieses Problem zeigten diese Exemplare. Nach dem Einschalten war ein Zischen, Rauschen bis zu leichten Pfeiftönen zu hören. Diese konnten mit den Filter- und Verstärkungsschaltern beeinflusst, aber nicht behoben werden. Wenn die Lautsprecher für längere Zeit in Betrieb waren – so in etwa nach einer halben Stunde, dann verringerte sich das Rauschen.
Leider habe ich es nicht geschafft, im Netz brauchbare Infos über diese Fehler zu finden, geschweige denn einen Schaltplan des Boards. Es bleibt daher nichts übrig, als selber auf die Suche zu gehen, das Board zu analysieren und Systematisch nach dem Fehler zu suchen.
Beginnend mit dem Entfernen der vier langen Inbus-Schrauben können die beiden Gehäusehälften vorsichtig auseinandergezogen werden. Darin offenbaren sich dann zwei weiße Dämmstoffblöcke. Diese können einfach herausgenommen werden. Die Drahtverbindung zu den Lautsprechern lässt sich über einen vierpoligen Stecker von der Platine lösen. Ebenso die Verbindung zum kleinen LED-Logo Board.
Als nächstes kann die Platine vom Gehäuse losgeschraubt werden. (hier ist ein Torx Bit zu verwenden) Es sind alle Schrauben, bis auf die beiden schwarzen Kreuzschlitzschrauben zu lösen. Danach ist das Board vorsichtig aus dem Gehäuse zu entnehmen.
Optisch sieht die Platine sehr gut aus. Alle Bauteile, die durch den Schall in mechanische Schwingungen und evtl. Resonanz versetzt werden können, sind mit elastischem Kleber gesichert. Das Boardlayout ist schön und übersichtlich. Man erkennt links unten im Bild den Netzeingang und den Netzfilter. Darüber ist der große Elko für die Glättung der, aus der Netzspannung erzeugten Gleichspannug zu sehen.
Das Netzteil ist ein Schaltnetzteil. Der über einen Controllerchip angesteuerte Mosfet taktet den Übertrager. Auf der Sekundärseite wird wieder gleichgerichtet und die symmetrischen Spannungen +Ub und -Ub für den Leistungsteil der Endstufen, sowie +15V und -15V für die Versorgung der Vorverstärkung und Signalaufbereitung erzeugt. Ub liegt dabei bei -42 bzw. +42V. Die Leistungsendstufen sind zwei TDA7293 ICs. Hierbei steuert einer den Hochtöner und der andere den Tieftöner Lautsprecher an.
Um nun nach der Ursache des Problems zu suchen, geht man systematisch vor. Mit einem Multimeter habe ich zuerst die Versorgungsspannungen überprüft. Die sind natürlich da. Aber die Wahrheit sieht man erst wenn man sie etwas genauer ansieht. Hier reicht das Multimeter nicht mehr aus. Ein Oszilloskop offenbart auch den AC-Anteil oder Restwelligkeit.
Auf dem Bild ist der AC-Anteil der -15V Spannungsversorgung dargestellt. Mit ca. 800mV ist der jedoch verdächtig hoch. Die Periodendauer dieser Spitzen mit 30µs weist auf das Regeln des Übertragers hin, wenn das Netzteil kaum Leistung abgeben muss. Innerhalb der Impulse ist die Schaltfrequenz des Übertragers zu erkennen. Was aber noch zu erkennen war und auf dem Standbild nicht zu erkennen ist, sind niederfrequentere, unsymmetrische Anteile mit einer ebenso hohen Amplitude. Demnach scheint ein Problem bei der Glättung der Spannung vorzuliegen. Also untersuchte ich den Aufbau der -15V Versorgung. Und siehe da, die +/-15V werden mit einem Längsregler realisiert. Für die +15V wird ein 7815 und für die -15V ein 7915 Regler im TO220 Gehäuse eingesetzt. In der Applikation Note werden für den IC am Eingang sowie am Ausgang Kondensatoren gegen Masse vorgeschrieben. Und genau diese habe ich mir zuerst genauer angesehen. Ein Elko mit 100µF/35V und 105° wird am Eingang des 7915 verwendet. Dieser Elko musste raus zum Messen. Gleich nach dem Ausbau kam mir vor, das Gewicht des Bauteils ist zu leicht – das fühlte sich so nach nichts an. Also ran an die LCR-Brücke und siehe da, die Kapazität lag irgendwo bei 1.4µF.
Ein neuer Elko war schnell eingebaut und die erneute Messung der Spannungen offenbarte wieder ein schönes Signal. Der AC Anteil war nun wesentlich geringer und die unregelmäßigen Störungen waren verschwunden. Lediglich das Schalten des Übertragers war noch zu sehen. Was aber noch auffiel, bzw. nicht mehr auffiel, waren die Geräusche aus den Lautsprechern – das Rauschen war weg.
Hallo Ingmar, vielen Dank für deinen Bericht zu den Neumann Boxen. Ich habe das gleiche Problem und habe bis jetzt die 360€ Reparaturkosten pro Box, die Sennheiser für den Tausch der Platine berechnet, gescheut.
Jetzt kann ich mich selber ans Werk machen. Kleine Frage noch: Wie hast du diese Klebstoffmasse gelöst bekommen?
Beste Grüße Georg
Hallo Ingmar,
herzlichen Dank für diesen Report über die KH-120. Bin selbst zwar elektronisch interessiert, bei weitem aber keine solche Koryphäe wie du. Bei mir geht eine Box überhaupt nicht mehr an, weshalb ich zunächst einmal die Feinsicherung im Verdacht hatte. An der lag es aber nicht. Wie mein Vorredner bekam ich die Auskunft, dass die Repartur 380€ + 40€ Übermittlungskosten beträgt. Nun, da sind wir fast beim Neupreis, weshalb ich gerne selber schrauben möchte.
Du hast in dem Bericht das Schaltnetzteil erwähnt, welches offensichtlich bei anderen Neumännern (zumindest lt Internetrecherche) Probleme bereitet. Könntest Du mir bitte mit einem Tipp weiterhelfen, wie das bzw. welches Schaltnetzteil zu wechseln wäre? Mit einem Multimeter konnte ich bereits identifizieren, dass die von Dir auf der Platinenrückseite bebilderte Spannung (+15V u. -15V) nicht anliegt.
Mit dankbaren Grüßen
Michael
Hallo Michael,
wenn die +/-15VDC nicht messbar sind,sind dann andere Spannungen an der Sekundärseite messbar?
Das ‚Schaltnetztei wechseln‘ ist eine Frage die ich nicht ganz nachvollziehen kann. Denn die +/- 15V Versorgung ist ebenfalls ein Bestandteil des Netzteils. Wenn hier keine Spannungen anliegen wird vermutlich die Primärseite nicht arbeiten. Und hier rate ich all jenen ab daran zu arbeiten, die sich der Funktionsweise von Netzteilen/Schaltnetzteilen nicht bewusst sind.
Auf der Primärseite wird die Netzspannung gleichgerichtet und geglättet – d.h. am großen Elko liegen gleich mal um die 300V DC an und die sind auf Netzpotential !!!
Je nach Arbeitsprinzip der Schaltung werden die 300V mit einem FET schnell geschaltet (zerhackt) und als Last dient die Primärspule des Übertragers.
Das Gate des FET wird meist von einem PWM Controller angesteuert, der in Abhängigkeit von der sekundärseitigen Last arbeitet – Ein Optokoppler überträgt hierbei galvanisch getrennt die Informationen der Last von der Sekundär zur Primärseite.
Oft ist der FET in der Primärseite und/oder der Controller IC defekt. Der FET wird dabei meist komplett niederohmig (also Kurzschluss zwischen allen Anschlüssen) und löst damit meist auch Sicherungen bzw Sicheringswiderstände aus…
Also nochmals:
Arbeiten am Netzteil nur mit entsprechender Erfahrung/Ausbildung durchführen!!!!
Auf dem angehängten Foto ist das Netzeil im Mittleren Drittel der Platine zu sehen (Großer Elko, Kühlkörper mit FEt Übertrager…)
Hallo Ingmar,
vielen Dank für die rasche Antwort. Ich werde das nach Deiner Ausführung nochmals prüfen. Wenn es tatsächlich nur den FET und/oder den Elko betrifft, traue ich mich darüber. Alles andere überlasse ich dann (als gelernter Hochspannungstechniker) den Experten der Nachrichtentechnik.
Leider kann ich dann das Teil nur direkt an Sennheiser senden, in meiner direkten Umgebung (Salzkammergut) kenne ich keinen in Frage kommenden Techniker.
Herzlichen Dank nochmals
Michael
Hallo Ingmar,
heute habe ich den neuen Kondensator eingelötet und die Box macht wieder das was sie soll. Vielen Dank für Deine „Reparaturanleitung“!. Im Büro habe ich noch zwei weiter Patienten, das hat uns wirklich ne Menge Geld gespart.
Danke, Georg
Hallo Ingmar,
mein Lautsprecher hatte die selben Symptome. Diese haben sich innerhalb der letzten sechs Monate immer weiter verschlimmert, bis er nur noch hohes Rauschen produzieren konnte.
Auf den ersten Blick sahen die Elkos gut aus. Den von dir beschriebenen Kondensator habe ich entfernt und durch einen neuen ersetzt. Es war gar nicht so einfach, die kleine Tonne auszutauschen.
Der Lautsprecher verrichtet seinen Dienst wieder wie vorher. Wirklich wunderbar!
Der alte Elko hatte laut meinem Multimeter übrigens eine Kapazität von 80µF, was innerhalb der 20% Toleranz des neuen Kondensatormodells liegen würde. Eine Messbrücke habe ich leider nicht.
Mfg,
Florian
DANKE! G.B.
Lieber Ingmar,
DANKE für diesen Beitrag. Meine Neumann hat schon seit einiger Zeit immer beim anschalten erstmal 10-15 Minuten lang vor sich hin gerauscht, sich aber vorerst immer wieder eingefangen und lief dann wieder wenn sie warm war. Aber dann hat sie irgendwann angefangen zu kritzeln und zu prasseln auch wenn sie warm war, und ich musste was tun. Bin dann auf deinen Blogpost gestoßen. Zwar sind einige Sachen, die du hier sehr einfach klingen lässt für einen Anfänger wie mich eine ziemliche Herausforderung, aber mit ein bisschen Geduld und Erfindergeist konnte ich deiner Anleitung folgen, und jetzt tut meine Neumann wieder wie neu, zum Preis eines Elkos statt den Unsummen die Neumann verlangt.
Ohne deinen Beitrag allerdings wäre es für mich komplett unmöglich gewesen den Fehler zu finden, geschweige denn zu beheben – danke also nochmal!!!