Leitung: FH Prof. Dr. Helmut Arnold, Susanne Scheiber BA MA
Teilnehmende: NMS Villach Völkendorf 4b, Lehrerin Frau Mag. Eva Bachlechner
Mit dem Abschluss der Pflichtschule stehen Jugendliche vor der Herausforderung, eine Entscheidung für ihren weiteren beruflichen Werdegang zu treffen. Die Berufswahl gilt als riskante Entscheidung und als wichtige Entwicklungsaufgabe im Jugendalter.
„Schuster bleib bei deinen Leisten“, dieses Motto ist bei beruflichen Entscheidungen bereits veraltet. In einem Zeitalter voller Möglichkeiten und Entscheidungsfreiheit in der Berufswahl zeigt sich der Effekt, dass Jugendliche nicht wissen, was sie werden wollen.
Neben dem klassischen Berufsorientierungsunterricht zielt der Workshop „Ich weiß nicht, was ich werden soll“ auf eine Auseinandersetzung mit den Trends in der Arbeitswelt ab. Als Querschnittsthema wurde der Fokus auf soziale Kompetenzen gelegt.
Der Workshop wurde mit SchülerInnen einer vierten NMS an der Fachhochschule Kärnten/ Standort Feldkirchen durchgeführt und gliederte sich in zwei Abschnitte:
- Theoretischer Input:
Nach der Begrüßung erfolgte die Einholung eines ersten Stimmungsbildes zur Frage, wer schon berufliche Zukunftsvorstellungen entwickelt habe. Folgende inhaltliche Leitfragen wurden hier aufgegriffen:
- Welche Veränderungen und Trends gibt es in der Arbeitswelt?
Aufgrund der Automatisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt werden die „Jedermann-Jobs“ rar, d.h. die Anforderungen an die ArbeitnehmerInnen steigen. Trotz dieser Entwicklungen gibt es gute berufliche Chancen im Dienstleistungssektor und Handwerk.
- Welche Anforderungen werden von Seiten der ArbeitgeberInnen gestellt?
Die Arbeitgeberbefragung (BIBB Expertenmonitor 2005) zeigt, dass die Ausprägung von sozialen Kompetenzen (Problemlösefähigkeit, Frustrationstoleranz, Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, etc.) für ArbeitgeberInnen bereits zu Beginn einer Lehre einen hohen Stellenwert hat.
- Was erwarten die Jugendlichen von der Arbeitswelt?
Berufseinsteiger sollten nach Meinung der österreichischen Jugendlichen insbesondere eine abgeschlossene Ausbildung haben, team- und kommunikationsfähig sowie stressresistent sein. Ebenso möchten Jugendliche in Zukunft in der Nähe des Wohnortes arbeiten. In Bezug auf die Berufswahl zeigt sich, je älter, desto klarer wird das bevorzugte Berufsfeld.
- Was ist wichtig bei der Berufswahl? Wie komme ich zu einer Entscheidung?
Bei der Berufswahl gilt der Dreischritt: informieren, richtungsmäßig entscheiden und etwas passendes Suchen. Unterstützend in der Entscheidung ist das Sammeln von ersten Erfahrungen in der Arbeitswelt durch z.B. Ferialjobs, Praktika und Schnuppertage. Freiwilliges Engagement bei sozialen Vereinen hilft, um eigene Stärken und Qualitäten kennenzulernen.
Im Zentrum des ersten Blocks stand ein Wissens-INPUT zum Thema „Die Arbeitswelt im Wandel“. Hier wurde auch herausgestellt, wie wichtig Lehrberufe nach wie vor sind, dass insbesondere im Handwerk ein FK-Mangel besteht und gute Verdienstmöglichkeiten samt Aufstieg als Meister gegeben sind. Dasselbe gilt auch für die Care-Berufe, wobei sich gerade in der ersten Abfrage deutlich zeigte, dass die Berufswahlpräferenzen traditionell geschlechtstypisch geprägt sind – trotz aller Anstrengungen und Programm wie „Mädchen in die Technik“ usw.
Berufsfindung und Berufswahl richten sich auf eine breite Vielfalt beruflicher Ausbildungsmöglichkeiten (bis hin zum Studium, was für die Zielgruppe der NMS eher außer Betracht lag). Sensibilisiert und motiviert wurde für ein zuversichtliches „am Ball bleiben“ und ein Verständnis dafür, dass es nicht einfach ist, sich zu entscheiden. Das Spannungsfeld zwischen „Die Welt steht mir offen“, den regional gegebenen realen Möglichkeiten, den elterlichen Erwartungen und den eigenen Neigungen kennzeichnet den Prozess.
Unterstrichen wurde daher, wie wichtig es ist, gute Informationsquellen zu nutzen, dabei auch das BIZ im AMS zu nutzen, das weit besser ist als sein Ruf. Schnupperpraktika zu absolvieren – und wenn es schwierig wird, gibt es immer eine zweite Chance! Dazu bieten die VHS und andere Organisationen Kurse zur Berufsorientierung.
- Praktische Übungen:
Da in den Statistiken sowohl die ArbeitgeberInnen als auch die Jugendlichen klar formuliert haben, dass sozialen Kompetenzen in der Arbeitswelt eine entscheidende Rolle haben, wurden in den Workshop praktische Übungen implementiert, die genau auf diese abzielen.
- Gordischer Knoten
Die TeilnehmerInnen stellen sich im Kreis auf und strecken mit geschlossenen Augen die Hände zur Kreismitte. Jede/r schnappt sich zwei Hände. Ziel ist es, den entstandenen Knoten zu entwirren, ohne dabei die Hände zu lösen.
DAUER: 10-15 Minuten
Kompetenzen: Problemlösung und Kooperation
- Fröbelturm
Die TeilnehmerInnen bilden einen Kreis, in dessen Mitte die Holzklötze liegen. Mit diesen wird mit Hilfe der Hängevorrichtung ein Turm gebaut. Jede Person nimmt eine oder mehrere Schnüre in die Hand und spannt sie, sodass die Hängevorrichtung über den Klötzen ausgerichtet werden kann. Nun gilt es, mit dem Bügel in der Nut eines Klotzes einzuhängen, diesen hochzuheben und auf einen anderen Holzklotz zu stapeln.
Dauer: 10-15 Minuten
Kompetenzen: Geschicklichkeit, Kooperation, Geduld/Frustrationstoleranz
- Beruf-Puzzle
Die TeilnehmerInnen werden in Gruppen eingeteilt und erhalten die Aufgabe, je Gruppe drei Puzzles fertigzustellen und gemeinsam die darauf abgebildeten Berufe zu benennen. Entscheidend bei dieser Übung ist, wie die Gruppe sich intern organisiert um die Aufgabe zu lösen.
Dauer: 15 Minuten
Kompetenzen: Teamfähigkeit, Durchhaltevermögen
Abschuss des Workshops
Die Übungen wurden am Ende gemeinsam anhand eines Selbstbeurteilungs-Leitfadens reflektiert:
- Wie habe ich die Übung grundsätzlich erlebt?
- Was hat zum Gelingen beigetragen?
- Was habe ich hinderlich erlebt?
- War mein Verhalten typisch für mich?
- Wie haben wir als Gruppe agiert?
- Was hätte uns geholfen?
Diese Fragen wurden im Anschluss im Plenum diskutiert.
Persönliche Einschätzung
Die Übungen wurden sehr gut angenommen. Überraschend war, wie stark sich zwei migrantische Mädchen aus Syrien – es handelte sich um eine Integrationsklasse! – auf die Aufgabenstellung einlassen konnten, wie beharrlich sie selbst nach Abbruch der Übung noch an der Vervollständigung der Lösung weiter arbeiteten, was seitens des Trainerteams auch lobend hervorgehoben wurde: Mädchen und junge Frauen als diejenigen, die auch für langwierige Aufgaben und sperrige Tüfteleien die notwendige Geduld aufbringen, während die Burschen sich doch eher anderen Interessen zuwandten, wenn es schwierig wurde.
Die Durchführung von thematisch angelegten und begleiteten Workshops zur Berufsfindung und Berufswahl-Stabilisierung erachten wir als besonders zielführend, um Entscheidungsprozesse zu unterstützen, Ausbildungsabbrüche zu minimieren und insbesondere Sackgassen-Karrieren vorzubeugen.