„I glab mei Bruada nimmt Drogn”

Der Workshop wurde im Rahmen der Kinder- und Jugenduniversität der Fachhochschule Kärnten in Zusammenarbeit von FH-Professor Dr. Helmut Arnold und den Masterstudierenden Melissa Jergatsch, BA, und Peter Polaschek, BA, erarbeitet. Die Erstversion richtete sich an Kinder bzw. Jugendliche im Pflichtschulalter è durchgeführt am 1. Juli 2019 in Spittal (Jergatsch/Polaschek).

Zur weiteren Verwendung für die Altersklasse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen (15-20 Jahre) wurde der Workshop altersgemäß adaptiert und beinhaltet Wissensblöcke zur Informationsvermittlung und Aufklärung, gruppendynamische Übungen sowie Raum für einen offenen Austausch und Diskussionen. Durchgeführt wurde der Workshop am 24. September 2019 an der FH Kärnten (Arnold/Jergatsch) mit einer Gruppe der Produktionsschule Feldkirchen in Begleitung zweier Trainer*innen bzw. Coaches.

1. Zum Einstieg: Kennenlernrunde

Um einen ersten Eindruck von der Gruppe zu gewinnen und die Stimmung etwas aufzulockern, baten wir unsere Teilnehmer*innen, sich kurz über ihre Zukunftspläne Gedanken zu machen und diese in grafischer Form auf einem Blatt Papier festzuhalten. Anschließend wurden diese im Plenum präsentiert. Nebst einigen „Platzhaltern“ (Figuren) gab es auch einige kreative Ergebnisse, die die gewünschte berufliche Zukunft skizzierten. Das Sprechen vor der Gruppe fiel nicht allen Teilnehmer*innen leicht, stellt jedoch eine wichtige Übung für das spätere Leben dar und wurde insgesamt gut gemeistert.

2. Gruppendynamische Übung: Ein Ausflug nach Lignano

Hierbei handelt es sich um ein Rollenspiel, das von einem fiktiv geplanten Ausflug handelt. Die Gruppe kann die Reise nur antreten, wenn der Bus weitestgehend ausgebucht ist – maximal 2 Plätze dürfen „leer“ bleiben. Die Teilnehmer*innen erhalten in Folge Rollenkärtchen, welche mit „Ja“ bzw. „Nein“ beschriftet sind, und müssen sich in einer Diskussion für die Abstimmung vorbereiten. Den Teilnehmer*innen, welche für „Nein“ stimmen, müssen versuchen, ihren (ebenfalls vorgegeben) Grund so authentisch wie möglich zu verteidigen, während der Großteil der Gruppe die Aufgabe hat, ihre Kolleg*innen für den Ausflug zu gewinnen. Das Verhältnis der Ja/Nein Kärtchen liegt bei 3:1. Ziel der Übung ist es, den Teilnehmer*innen das Phänomen des Gruppendrucks fern vom Thema „Drogen“ zu vermitteln. In der anschließenden Reflexion geht es darum, die Querverbindungen zum Thema Konsum offenzulegen.

3. Wissensblock I

Zunächst wurden die Teilnehmer*innen zu ihrem bisherigen Wissensstand befragt. Es wurde deutlich, dass einige Mitglieder der Gruppe – zumindest im kommunikativen Diskurs durchs Umfeld – mit illegalen Substanzen in Berührung gekommen waren. Es kam aber auch zutage, dass wie selbstverständlich benutzte Straßennamen letztlich nicht der dahinterstehenden Substanz zugeordnet werden konnten. Eine weitere pauschale Feststellung aus der Gruppe lautete: „Drogen sind gefährlich“.

Im nächsten Schritt widmeten wir uns der Frage, wie Drogen eigentlich wirken. Hierzu gab es eine Auffrischung zum Zentralen Nervensystem und seine Funktionsweise, um zu erklären, wie die Wirkung auf den Menschen überhaupt zustande kommt. Wir unterteilten die bekannten Substanzen aufbauend dazu in Stimulantia, Sedativa, Psychedelika und Halluzinogene. Es folgte ein historischer Abriss über die Verwendung von berauschenden Substanzen durch den Menschen, und ein Hinweis auf die enge Verknüpfung zwischen Konsum und Kultur – und der unterschiedlichen Bewertung von Rausch- und Suchtmitteln geprägt durch ebenjene kulturellen Werte und Traditionen. Im Anschluss widmeten wir uns der westlichen Gesellschaft und den hier geltenden Kategorien von legalen und illegalen Suchtmitteln und richteten unsere Aufmerksamkeit absichtsvoll auch auf jene Substanzen, die per Gesetz erlaubt sind (Nikotin, Alkohol, Medikamente…).

4. Rolle und Zuständigkeit der Sozialen Arbeit

Obwohl das Wissen um Legalität oder Wirkungsweise unumgänglich ist, sind diese Fragen vor allem Themen für das Rechtssystem und die Medizin. Die Soziale Arbeit richtet den Blick auf den Menschen und will wissen: Welche Funktion erfüllt der Konsum für den einzelnen Menschen? Wie wirkt sich dies auf sein Leben, aber auch sein Umfeld aus? Und in weiterer Folge: Welche Handlungsschritte können vollzogen werden, um den Menschen eine eigenverantwortliche und gelingende Lebensführung, idealerweise ohne Abhängigkeit, zu ermöglichen?

5. Erklärungen zum Einstieg in den Substanzkonsum und Abstimmung

Aus dem Diskurs der Disziplin legten wir den Teilnehmer*innen 8 Erklärungsansätze vor, die wir mit „Aussagen“ bzw. „Lebenssituationen“ von jungen Menschen hinterlegten, um ihren Sinngehalt zu verdeutlichen. Diese beinhalten zum Beispiel: Anpassung bzw. Gruppendruck, Protest und Rebellion, persönlicher Rückzug, aber auch Selbstoptimierung. Über die Plattform menti.com durften die Teilnehmer*innen anschließend digital ihre Stimmen abgeben, die Ergebnisse wurden anonym und in Echtzeit auf der Leinwand dargestellt. Die meisten Teilnehmer*innen befanden die Anpassung an die Peergroup („Das machen sowieso alle“) als den ausschlaggebendsten Grund.

6. Wissensblock II

In diesem Teil wollten wir vom „erhobenen Zeigefinger“ Abstand nehmen und verdeutlichen, dass Risikoverhalten – auch in Form von Rauscherlebnissen – im Jugendalter ein weitverbreitetes Phänomen ist. Es dient der Grenzerprobung und hilft, eine eigene, reife Haltung gegenüber den Substanzen zu entwickeln. Vielfach ist es auch ein soziales Verhalten im Rahmen des Freundeskreises, welches im Erwachsenenalter wieder rückläufig wird. Die richtige Bewertung der Substanz und des eigenen Konsumverhaltens spielt dafür eine wichtige Rolle, um nicht in einen Teufelskreis zu geraten. Wir widmeten uns den Abstufungen „Experimenteller Gebrauch“ (Probierkonsum) – „Unschädlicher Gebrauch“ (gelegentlich bis regelmäßig) – „Gesundheitsschädigender Gebrauch“ (schädigen den Körper, erfüllen aber nicht Kriterien einer Sucht) und „Süchtiger Gebrauch“. Zuletzt zogen wir die Kriterien der Abhängigkeit der WHO (ICD-10) zu Rate und legten diese reflexiv auf den Tabakkonsum um.

Ein Exkurs zu den substanzungebundenen Süchten machte deutlich, dass auch diese nicht zu unterschätzen sind – zahlreiche Meldungen aus der Gruppe zeigten, dass diese beinahe ebenso präsent, wenn nicht noch alltäglicher scheinen (Internetsucht, Kaufsucht, etc.)

7. Fallbeispiel: Jaqueline, 33

Der Youtube-Kanal „Straßenleben.“ interviewt regelmäßig drogenabhängige Personen über ihre Lebenssituation. Anhand von zwei Videos zeigten wir, welche Folgen der Konsum von illegalen Substanzen mit sich bringen kann, und in welche Ambivalenzen und Illusionen die Betroffenen oft verstrickt sind. Die Gruppe war sichtbar betroffen vom Schicksal der jungen Frau, und beteiligte sich zahlreich an der gemeinsamen Nachbesprechung und Reflexion.

8. „Safer Use“, Gefahren und Folgen von Drogenkonsum, Hilfe im Ernstfall

Um die jungen Erwachsenen wohlwollend zur Vorsicht anzuregen, wurde ihnen die 3-S-Regel (Substanz, Set, Setting) nähergebracht. Hier geht es darum, beim Konsum von berauschenden Substanzen auf die Wirkungsweise der Substanz zu achten, den eigenen leibseelischen Zustand zu erörtern und Wert auf eine sichere Umgebung zu legen. Wir beschäftigten uns mit körperlichen und psychosozialen Kurz- und Langzeitfolgen des Substanzkonsums. Abschließend zu diesem Wissensblock benannten wir noch einige Stellen, die spezialisierte Hilfe zu diesem Thema anbieten.

9. Abschlussquiz

Unser Quiz wurde über die Plattform kahoot.it ausgetragen und beinhaltete einerseits Wissenschecks über die zuvor erhaltenen Informationen, aber auch Fragen, welche das Einschätzungsvermögen der Teilnehmer*innen zu berauschenden Substanzen testete. Die Gruppe befand sich in richtiger Wettbewerbsstimmung und fieberte mit. Als Hauptgewinn wurde eine Großpackung Kinderriegel vergeben, alle anderen erhielten kleine Süßigkeiten als Trostpreis.

10. Persönliche Einschätzung

Die Teilnehmer*innen waren bis auf wenige Ausnahmen sehr interessiert, beteiligten sich aktiv an Gruppenübungen und Diskussionen und erzählten auch offen von persönlichen Erfahrungen im Freundeskreis. Die Aufmerksamkeit flachte auch bei den Wissensblöcken nicht ab, was durch aktives Nachfragen sichtbar wurde.