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E-Learning – Prof. Liebhart zeigt, wie es geht!

Digital ist Trumpf an der Fachhochschule Kärnten. Über Vor- und Nachteile des E-Learnings, Herausforderungen, Überraschungen und neuen Erkenntnissen stand FH-Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaft, Schwerpunkt: Personalwesen und Organisation, Ursula Liebhart im Interview Rede und Antwort.

FresH: Wie haben Sie Ihre Lehre auf E-Learning umgestellt und wie unterscheidet sich das Elearning von der „normalen“ Lehre?

Liebhart:  Ich habe mich sehr kurzfristig umgestellt, weil ich schon seit zwei Jahren in Online-Systemen Lehrveranstaltungen abhalte. Das war für mich vom Tun (sitzen vor der Kamera, ins Mikrofon reinsprechen) kein Problem, da bin ich sehr gut ausgestattet. 

Letzte Woche hatte ich 5 Lehrveranstaltungen. Die Herausforderung für mich ist, das didaktische technische Abstimmen in der Wissensvermittlung und in der Lehre. Ich muss eine analoge LV, für die ich mir didaktisch das Konzept bereits überlegt habe, sehr kurzfristig im digitalen Kontext durchführen. Das bedeutet, dass man technisch verschiedene Systeme und Tools kennen muss, idealerweise mehrere und auch wissen muss, welches System am besten passt. Und ich muss die didaktische Idee kennen und mit welchem System kann ich diese am besten umsetzen. Manchmal kommen aber aus dem System heraus didaktische Ideen, wie man etwas machen könnte.    

 Ich bin seit 25 Jahren in diesem Job und ich merke, dass es ganz wichtig ist, sich mit den einzelnen Tools auseinanderzusetzen, wo dadurch Ideen kommen. Und das abzustimmen und sich einmal durchzudenken, kostet Zeit, die man in einer solchen Situation kaum hat. Zusätzlich benötige ich mehr Zeit in der Vorbereitung, weil ich alles vorher einmal ausprobieren und testen muss. Nicht immer funktioniert es dann gleich auf Anhieb.  

„So traurig die Situation auch ist, aber für die digitale Kompetenz-Entwicklung ist da jetzt eine enorme Schubkraft.“

FresH: Hat es bei dieser Umstellung schon irgendwelche Komplikationen gegeben? Oder Überraschungen positiv wie negativ?

Liebhart:  Natürlich passiert sowas. Es kommt vor, dass jemand aus der Sitzung hinausgeworfen wird oder es kommt gleich eine ganze Studierendengruppe nicht in den Kurs hinein. In solchen Momenten muss man sehr spontan sein. Es braucht sogar eine gewisse Agilität – also mehr als nur Flexibilität. Ich muss sofort wissen mit welchen Systemen ich wen und wie erreichen kann. 

Ich brauche im Hinterkopf stets eine „Was wäre, wenn“-Situation. Ich brauche Back-up-Tools, falls ein System gänzlich ausfällt, dass ich schnell umsteigen kann. Aber das ist das geringste Problem. 

Am ersten Tag hatte ich ja schon eine LV und konnte da schon die ersten positiven Erfahrungen sammeln. Die Studierenden halfen von Beginn an total mit. Es gibt Studierende, die seit der ersten Stunde des E-Learnings mit dabei waren, die nun ihre Erfahrungen sowohl mit Studienkolleg*innen als auch mit Lehrenden in anderen Kursen gerne teilen. Für mich fällt das alles unter den Überbegriff der digitalen Kompetenz. Da erleben wir gerade einen enormen Boost, den wir in diesem Tempo oder in dieser Qualität geplant nie hinbekommen hätten. So traurig die Situation auch ist, aber für die digitale Kompetenz-Entwicklung ist da jetzt eine enorme Schubkraft. Weil man einfach muss.  

FresH: Welches Feedback bekommen Sie direkt von Studierenden? 

Liebhart: Ich bekomme hin und wieder Emails, in denen sich Studierende bei mir bedanken, weil sie den Einsatz erkennen. Sie bemerken, dass wir Lehrende bemüht sind, die Lehre und das Semester in dem gegebenen Rahmen ordentlich abzuwickeln. Es ist ein gegenseitiges Helfen und Verständnis für einander vorhanden.

  Zudem merkt man, dass man ein Stück weit mehr steuern muss. Kurz: Wo findet man welche Informationen und mit welchen Tools wird gearbeitet, wo steigen wir virtuell ein – das kann auch unterschiedlich sein. Ich frage auch immer nach Feedback. Ist die Verständlichkeit gegeben? Kommen alle mit dem Arbeitstempo gut zurecht? Es geht so weit, dass ich sie sogar frage, ob sie mit der Vorgehensweise einverstanden sind.  

 Ein zentrales Thema für mich ist auch die Pausengestaltung. Ich mache viel mehr Pausen oder verknüpfe virtuelle Gruppenarbeiten mit Pausen, weil wir das alle brauchen. Auch ich brauche Pausen. 

FresH: Was für Herausforderungen gibt es noch? 

Liebhart: Das Fachliche ist nicht das Thema. Die Herausforderung ist, wie bekomme ich das Fachliche so zur Zielgruppe, dass die gut damit mitdenken können, gut arbeiten können. Bei größeren Gruppen sehe ich ja auch die Teilnehmer*innen gar nicht. Ich fordere daher das Feedback auch ganz klar ein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

FresH: Was für Tipps würden Sie Kolleg*innen geben? 

Liebhart: Bei uns war es extrem hilfreich, dass wir in den ersten paar Tagen jeden Abend eine eigene kleine Lerngruppe mit Lehrenden gehabt haben. Da konnten wir die Systeme perfekt austesten. Wir waren 4-5 Personen und haben das miteinander ausprobiert und gemeinsam Ideen ausgetauscht. Diese ganz vielen Kleinigkeiten, an die man vielleicht in so einer großen Umstellungssituation nicht gleich denkt. Das war Gold wert.  

  Ein weiterer Tipp: Bei externen Lehrenden bin ich in deren Online-Sessions miteingestiegen. Hab denen beim Start der LVs Unterstützungshilfe gegeben. Konnte dadurch auch Studierenden bei Unklarheiten oder technischen Problemen beratend zur Seite stehen. Da gab es auch ein hervorragendes Feedback von allen Seiten und großes Lob von den Externen, die hier absolut unterstützt gehören. 

Dieser Austausch war in unserer kleinen Lerngruppe für alle Beteiligten essentiell. Deswegen finde ich auch die Coffee Calls super, aber in Kleingruppen kann man selbstverständlich noch viel spezifischer auf die Fragen eingehen.  

FresH: Welche Tools verwenden Sie? 

Liebhart:  Wir haben Moodle, MS Teams, Adobe Connect, Clickmeeting, Padlet (virtuelle Plattform, wo Studierende ihre Recherchen posten). Ich probiere ganz bewusst auch viele kleine Tools aus.  Ich versuche, selbst Videos im Voraus aufzunehmen, damit sich die Studierenden diese nur anhören brauchen. Also ganz verschieden – LIVE online – aber auch Sachen vorbereitet und als Kurzvideo online reingestellt – 20 Minuten oder so. 

FresH: Haben Sie sich Gedanken zu Prüfungssituationen gemacht? 

Liebhart: Das ist das einzige, das noch ansteht. Ich habe vor, einen Kollegen zu bitten mit mir einzusteigen und dass über SKYPE zu machen. Ich habe bis jetzt selbst noch keine Erfahrungen damit gemacht. 

Abschließend noch ein ganz wichtiger Punkt: man muss es tun, man muss es ausprobieren. Im Tun ergeben sich erst die wichtigen Fragen. Deswegen sind auch die Coffee Calls so wichtig, weil man jeden Tag was Neues dazulernt und Fragen stellen kann. Digitales Lernen heißt, im täglichen Arbeiten das Erlernte direkt anzuwenden. Einfach ausprobieren!

 

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